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Ein Zeitzeugengespräch mit Rainer Eichhorn/OB a. D.

„Wer abwartet, hat schon verloren.“ Nach diesem Motto leitete Rainer Eichhorn die Verwaltung in Zwickau. Am Dienstag, dem 3. Juni 2025, war der ehemalige Zwickauer Oberbürgermeister im Rahmen der Veranstaltungsreihe „Schule im Dialog“ zu Gast. Für Schülerinnen und Schüler der 10. und 11. Klassen berichtete er über sein Leben in der DDR − wie auch über seine Erfahrungen als Oberbürgermeister der Stadt Zwickau in den Jahren nach der Deutschen Einheit.  

Zu Beginn begrüßten ihn die beiden Moderatorinnen Thula Einenkel und Johanna Kolbe aus der Klassenstufe 10, sie stellten Herr Eichhorn vor. Er wurde 1950 in Zwickau geboren und absolvierte 1969 sein Abitur hier am Käthe-Kollwitz-Gymnasium, neben dem er − nur einen Steinwurf entfernt − wohnte. Während seiner Zeit in der Oberstufe erlangte er parallel zum Abitur den Facharbeiterbrief als Maurer. Nach dem Abschluss wurde er zur Nationalen Volksarmee (NVA) eingezogen und als „Grenzer“ an der Berliner Mauer stationiert. Er kommt aus einem christlichen Elternhaus, das in der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) nur das Pflichtprogramm erfüllte. Nach dem Grundwehrdienst arbeitete er als Maurer und studierte anschließend Architektur in Dresden. Während seiner Tätigkeiten als Architekt bzw. Bauingenieur in Zwickau entstanden zum Beispiel das Zwickauer Puppentheater und viele weitere Projekte. 1990, noch vor der Wiedervereinigung, wurde der CDU-Politiker ins Amt des Oberbürgermeisters von Zwickau gewählt und hatte dieses bis 2001 inne. Er bekam die Sächsische Verfassungsmedaille verliehen und 2016 sogar das Bundesverdienstkreuz am Bande.

Nach der kurzen Vorstellung bot Eichhorn uns einen Blick in sein DDR-Leben. Er begann mit seiner Schulzeit, seinem Elternhaus und seinen musikalischen Fähigkeiten. Seine Zeit in der Oberstufe war stressig, da er neben dem Abitur seinen Facharbeiterbrief als Maurer absolvierte. Während andere die Ferien genossen, arbeitete er auf der Baustelle. Durch sein christliches Elternhaus lernte er, zum SED-Staat kritisch Distanz zu halten. Er hinterfragte die Geschehnisse und Entscheidungen in der DDR. Jedoch war er immer pflichtbewusst, er nahm aber nicht freiwillig an den politischen „Pflichtübungen“ teil, wie zum Beispiel bei den Jung- und Thälmann-Pionieren und der Jugendweihe. Gegenüber anderen hatte er ein Privileg: Er durfte in die Bundesrepublik Deutschland, in den „Westen“, reisen. Gleichzeitig bekam seine Familie häufig Besuch von westdeutschen Verwandten. Nach dem Abitur kam seine Zeit in der NVA. Er vermutete einen Test, denn er wurde an der Berliner Mauer stationiert. Als Christ musste er seine Pflichten gewissenhaft erfüllen oder er hätte nicht studieren dürfen. Zurück blieb, so meinte er, die „Grenzermacke“. Bei einem Grenzübertritt hätte er schießen müssen, was er natürlich nie gewollt hatte. Glücklicherweise blieb ihm eine solche Situation erspart.

Im Studium war er ehrgeizig und absolvierte das Fach „Marxismus/Leninismus“ mit einer 1, als einziger im Jahrgang − und als Christ. Er fühlte sich dauerhaft beobachtet, Berechtigt. Sein Mitbewohner entpuppte sich später als „Inoffizieller Mitarbeiter“ (IM) des Ministeriums für Staatssicherheit. Er lebte also mit einem Spitzel zusammen. Schließlich sollte auch er als IM angeworben werden, dies konnte er jedoch mit seiner „Grenzermacke“ geschickt abwenden. Er spürte als Architekt die Mangelversorgung in der DDR und ahnte bereits im September 1989, lange würde das die SED nicht durchhalten, die Mauer würde fallen. In diesem Zeitraum weilte er zu einem Kuraufenthalt. Am ersten Kurtag erfuhr Herr Eichhorn vom Rücktritt Erich Honeckers.

Nun folgte eine Zeit des Aufbruchs, eine spannende und überaus herausfordernde Zeit für ihn. Bei der 3. Zwickauer Montagsdemonstration stand er vor dem Zwickauer Rathaus und weinte: Die Unsicherheit war zu groß. Was passiert jetzt? Dies war ein prägender Moment für ihn. Er wollte etwas verändern. So kandidierte er im Mai 1990 bei den Kommunalwahlen. Vorher absolvierte er ein dreitägiges Seminar im Harz. Die West-CDU wollte die Politikneulinge fit machen. Er bekam die Wirtschaft, das politische System und den Wahlkampf in der BRD erklärt. Am Runden Tisch saßen viele Neueinsteiger – alle politischen, alle neuen und alten, Gruppierungen diskutierten gleichberechtigt. Dies war für ihn eine Demokratieerfahrung, die heute viel zu wenig gelebt werden würde. Er wurde in das Amt des Oberbürgermeisters gewählt. Seine erste große Herausforderung erlebte er bereits am ersten Tag. Aus dem damaligen Karl-Marx-Stadt, heute Chemnitz, erreichte ihn die Nachricht, alle kommunalen Bankkonten wurden gesperrt. Da half nur: Hinfahren und verhandeln. Alles sollte gemeinsam entschieden werden, also saßen alle in ewig andauernden Stadtverordnetenversammlungen. Als größte Herausforderung bezeichnete er die Klärung von Eigentumsfragen. Heute sind diese geklärt, in der DDR spielten sie kaum eine Rolle. Krankenhäuser, Kindergärten und Pflegeheime waren in einem katastrophalen Zustand, die Gasleitungen in der Stadt bekamen Lecks und vieles mehr. Um diese Probleme musste sich Rainer Eichhorn mit seinem Team kümmern. Auch die städtische Wirtschaft stand auf dem Spiel. Das Sachsenringwerk beschäftigte z. B. 12 000 Zwickauer. Was würde aus ihnen werden, wenn sich der Betrieb in der Marktwirtschaft nicht lohnt? Wie kann man den damaligen Bundeskanzler Kohl davon überzeugen, eine Ausfallbürgschaft für dieses Werk bereitzustellen? Und wie funktioniert die Verwaltung? Fragen über Fragen, vor denen Herr Eichhorn stand. Dankbar verwies er auf die Bedeutung der Zwickauer Partnerstadt Dortmund, die fachlich-verwaltungstechnische und ganz praktische Unterstützung bot. Sein Leben war stressig. Der Arbeitstag begann um 7 Uhr in der Frühe und endete nicht selten erst nach Mitternacht. Frau und Kinder bekamen ihn selten zu Gesicht.

In der anschließenden Fragerunde ging es unter anderem um das Erbe der Wismut und um die Uranaufbereitung in unserer Region. Die Frage, wie er die aktuelle politische Lage in Zwickau wahrnehme, beantwortete er mit einem Grundsatz: „Aktuelle Politik kommentiere ich nicht. Fußballtrainer und andere Politiker schimpfen, ich nicht.“ Sieht er ein Problem in der Stadt, redet er mit den Verantwortlichen. Zu seinen Lieblingserinnerungen gehört z. B. ein Treffen mit dem ehemaligen israelischen Ministerpräsidenten Jitzchak Rabin.

Ja, manche Entscheidungen als OB bereue er, und er verstehe durchaus die Kritik. Während seiner Amtszeit wurden gegen ihn 18 Anzeigen wegen Veruntreuung öffentlicher Gelder oder Betrug gestellt. In den beiden größten Anzeigen handelte es sich um eine Geldsumme von 20 Millionen D-Mark. Diese und auch alle anderen wurden eingestellt, seine Unschuld war nachgewiesen. Zum Ende stellte er außerdem klar, dass er nie ein Einzelkämpfer war und immer auf andere vertraute.

Rainer Eichhorn ist eine der interessantesten Persönlichkeiten der Stadt Zwickau. Seine weitreichenden Erfahrungen aus dem DDR-Zeit, sein Amtieren als Oberbürgermeister und seine unternehmerischen Tätigkeiten, die Fülle seines Agierens schienen vermutlich manchem Schüler schier unheimlich. Wie schaffte er das nur? Bis heute ist Herr Eichhorn ausgesprochen aktiv, er mischt mit, sozusagen. So ist er Mitglied in mehreren Vereinen, und er fuhr im Mai selbst Hilfslieferungen in die Ukraine.

Nico Schütze

Fotos: D. Seichter

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